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  • Werner Weissmann

Soviel wird dich deine nächste Fehlbesetzung kosten







In meinem letzten Artikel „Regel #1: Hol dir A-Player ins Team“ habe ich auf die Wichtigkeit hingewiesen, Top-Leute ins Unternehmen zu holen, möglichst viele, und das ohne Kompromisse auf der Führungsebene. Nur so wird dein Unternehmen erfolgreich wachsen, profitabler werden, und das, ohne dass du dich selbst dafür aufopfern musst. Denn die beste Strategie und das kühnste Ziel sind wertlos, wenn du niemanden hast, der dahintersteht und es umsetzt. In diesem Artikel möchte dir vor Augen führen, wie viel eine Fehlbesetzung in deinem Führungsteam tatsächlich kosten kann und wie du deinen Recruiting-Prozess anpassen solltest, um deine Trefferquote zu maximieren.


 

Die Wahrheit: Fehlbesetzungen sind nicht die Ausnahme.

 

Unternehmen jeder Größe und Branche stehen heute mehr denn je vor der Herausforderung, die richtigen Talente einzustellen. Trotz teilweise sorgfältigen Auswahlprozesse kommt es sehr häufig zu Fehleinstellungen auf der Führungsebene, die viel Geld kosten und weitreichende negative Konsequenzen für das Unternehmen haben.

Statistiken zeigen, dass bis zu zwei Drittel der Neueinstellungen nicht die Erwartungen erfüllen. Dieses Phänomen betrifft nicht nur kleine und mittelständische Unternehmen, sondern auch globale Konzerne.

Der Grund dafür liegt oft nicht in mangelnder Fachkompetenz der neuen Mitarbeiter, sondern in einer Diskrepanz zwischen den Erwartungen des Unternehmens und den Fähigkeiten und der Persönlichkeit des Neuzugangs.


 

Warum ist die Personalbeschaffung so fehleranfällig?

 

Die Personalauswahl ist bestenfalls eine hit-or-miss Angelegenheit. Selbst gute Rekrutierungssysteme bieten reichlich Gelegenheit, Kandidaten falsch zu beurteilen und damit kostspielige Fehlbesetzungen zu erzeugen. Einstellungsfehler treten auf, weil Kandidaten sich in ihren Lebensläufen unrichtig darstellen und ihre Erfahrungen übertreiben. In Vorstellungsgesprächen zeigen sie sich von ihrer besten Seite, sodass es leicht ist, Kandidaten zu überschätzen. Recruiter machen auch Fehler, indem sie Referenzen gar nicht oder nur ineffektiv einholen und indem sie annehmen, dass man doch ein gutes Urteilsvermögen für Talente und ausreichend Menschenkenntnis habe.

 


Das sind die drei Hauptfaktoren, die zu einer Fehlbesetzung führen:

 

1.     Unzureichende Bewertungsprozesse: 

Viele Unternehmer verlassen sich auf traditionelle Interviewtechniken und überprüfen Lebensläufe nicht gründlich und entscheiden aus dem Bauch. Dies führt dazu, dass die wahren Fähigkeiten und die Persönlichkeit und Potenziale der Kandidaten im Verborgenen bleiben.

 

2.     Mangelnde Transparenz und Ehrlichkeit von beiden Seiten:

Kandidaten neigen dazu, ihre Fähigkeiten zu überschätzen oder Informationen zu verschönern. Auf der anderen Seite kommunizieren Unternehmen oft nicht klar genug, wonach sie genau suchen.

 

3.     Zeitdruck und Kostendruck: 

Unter dem vermeintlichen Druck, eine offene Stelle schnell besetzen zu müssen, werden oft Kompromisse bei der Qualität der Kandidaten gemacht.  Manchmal redet man sich den Kandidaten „schön“. Ein gutes Rezept für eine schmerzhafte und kostspielige Fehlentscheidung.



 

Das sind die wahren Kosten einer Fehlbesetzung:

 

Die Konsequenzen einer Fehleinstellung im Führungsteam wirken sich auf mehrere Ebenen eines Unternehmens aus und können langfristige negative Folgen haben. Sie beeinflussen die Mitarbeitermoral und das Teamgefüge, können Opportunitäten verschwenden und sogar das Unternehmensimage schädigen.

Vor allem kosten sie eine ganze Menge Geld.

 

  • Rekrutierungskosten: 

Dazu gehören Ausgaben für Stellenausschreibungen, Recruiting-Agenturen, den Zeitaufwand für die Durchführung von Interviews und die Verwaltung des Auswahlprozesses.

 

  • Einarbeitung und Schulung:

Investitionen in die Einarbeitung neuer Mitarbeiter sind verloren, wenn diese sich als Fehleinstellung herausstellen. Dazu gehören Trainingskosten, die Zeit älterer Mitarbeiter für die Einarbeitung und Produktivitätsverlust während der Lernphase.

 

  • Trennungskosten:

Kündigungen, sei es durch das Unternehmen oder den Mitarbeiter, führen zu weiteren Kosten, wie Abfindungen, administrativen Aufwendungen und gegebenenfalls rechtlichen Auseinandersetzungen.

 

  • Einfluss auf Team und Organisation:

Mitarbeitermoral und -engagement: Eine Fehleinstellung, besonders in einem kleinen oder eng verbundenen Team, kann Demotivation und Unzufriedenheit auslösen. Teammitglieder müssen oft zusätzliche Aufgaben übernehmen oder die Fehler der neuen Kraft ausbessern, was zu Überarbeitung und Frustration führen kann. Besonders die Leistungsträger verlieren hier schnell die Geduld, denn A-Player wollen mit anderen A-Playern zusammenarbeiten.

 

  • Kultur und Arbeitsklima: 

Neue Mitarbeiter, die nicht zur Unternehmenskultur passen, kann das etablierte Arbeitsklima stören. Dies kann zu Konflikten, verminderter Zusammenarbeit und letztendlich zu einer Erosion der Unternehmenskultur führen. Eine Fehlbesetzung auf Leitungsebene kann sogar dazu führen, dass wertvolle A-Player das Unternehmen verlassen.

 

  • Kundenzufriedenheit und Marktreputation:

Fehler oder Unprofessionalität können direkt zu Unzufriedenheit bei Kunden führen. Gerade in Rollen mit direktem Kundenkontakt kann eine Fehleinstellung schnell zu einem Verlust von Kundenvertrauen und damit zu Umsatzeinbußen führen.

Häufige Personalwechsel oder sichtbare Fehlbesetzungen können das Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit schädigen. Potenzielle Talente könnten abgeschreckt werden, und die Reputation als Arbeitgeber leidet, was zukünftige Rekrutierungen von Leistungsträgern erschwert.





In der folgenden Tabelle sind die einzelnen Positionen zur Veranschaulichung mit Schätzkosten versehen. Natürlich wird es vom Einzelfall und von der Position abhängen, wie hoch die tatsächlichen Kosten einer Fehlbesetzung ausfallen. Ein operativer Mitarbeiter wird weniger Kosten verursachen, eher am unteren Rand des Schätzbereichs. Bei Führungskräften, die im Unternehmen als Multiplikatoren wirken, im Guten wie im Schlechten, können die wahren Kosten durchaus ein Mehrfaches des Jahresgehalts der Stelle ausmachen.



 

Ein strategisches Problem

Diese Punkte und die Kostenschätztung verdeutlichen, dass die Konsequenzen einer Fehleinstellung weit über die offensichtlichen finanziellen Verluste hinaus reichen können. Auf der Ebene der Führungskräfte stellen wiederholte Fehleinstellungen ein strategisches Problem dar, das die Leistung, die Wettbewerbsfähigkeit und die Weiterentwicklung eines Unternehmens signifikant beeinträchtigen.

 

 

  

 

 

So maximierst du deine Trefferquote bei der Personalauswahl:

 

Um die beträchtlichen Kosten und negativen Auswirkungen von Fehlbesetzungen zu vermeiden, muss der Rekrutierungsprozess umgestaltet und systematisch strukturiert werden.

Dieser beginnt lange bevor die Stellenausschreibung veröffentlicht wird, denn zunächst ist es entscheidend, Klarheit über die Rolle und die damit verbundenen Anforderungen zu haben. Das geht über die reinen fachlichen Skills weit hinaus. Die momentanen Kenntnisse können sogar in den Hintergrund treten, wenn das Umfeld und die Rolle vordergründig Veränderung, Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft verlangt. In vielen Bereichen ist das zunehmend der Fall.

Vollkommen vernachlässigt wird immer noch in vielen Auswahlverfahren die gezielte Ergründung der Persönlichkeit und des Wertesystems von Kandidaten.  Während man fachliche Skills trainieren kann, basieren diese Eigenschaften auf der individualen Lebensgeschichte und sind tief verankert.

 

Zielführend ist dazu der Einsatz der Konzepte Spiral Dynamics[i], bekannt auch unter den Graves-Ebenen, und Meta-Programme, die aus dem Bereich des NLP stammen. Die praktische Anwendung dieser Modelle ist sehr gut im Buch neue Wege im Recruiting[ii] von Ralph Köbler beschrieben.

 

Eine wirkungsvolle Lösung bei der Mitarbeiterauswahl, an der man sich dabei gut orientieren kann, ist die Anwendung der von Dr. Brad Smart entwickelten Topgrading-Methode[iii]. Dabei handelt es sich um einen systematischen Prozess zur Identifizierung und Einstellung von Spitzenkräften – sogenannten A-Playern.

 

 

Das sind die drei Kernpunkte eines solchen Auswahlverfahren:

 

1.     Mehrstufige wahrheitsfördernde Interviews

Durch den Einsatz einer geeigneten Interviewtechnik, die zu ehrlicheren und aufschlussreicheren Gesprächen führt, wird ein vollständiges Bild der Karrierehistorie der Kandidaten erfasst.


2.     Potentzialanalyse und Werteinterview 

Hier zeigen sich grundlegende und stark verankerte Persönlichkeitsstrukturen und Haltungen von Bewerbern.

Passen diese in wesentlichen Aspekten nicht zur Unternehmenskultur und zur spezifischen Rolle im Unternehmen, sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit drastisch.


3.  Referenzchecks

Angegebene Referenzen sowie vorangegangene Arbeitgeberreferenzen werden genutzt, um die Verifizierbarkeit der Informationen zu erhöhen. Hier trägt schon der anfängliche Hinweis, dass der vorangegangene Vorgesetzte tatsächlich kontaktiert wird, zu einer ehrlichen Kommunikationsbasis bei. Es darf aber nicht bei dieser Ankündigung bleiben.


 

Implementierung im Unternehmen


Die Implementierung eines neuen Recruiting-Verfahrens beginnt mit der Ausbildung der Personalverantwortlichen in den spezifischen Methoden und Werkzeugen. Für kleinere Unternehmen empfiehlt es sich an professionelle Partner zu wenden, da die Methode speziell, was die Führung von Interviews betrifft, professionelle Ausbildung und viel Erfahrung voraussetzt.

 

Messbare Erfolge


Unternehmen, die einen solchen Recruiting Prozess anwenden, berichten regelmäßig von einer signifikanten Reduzierung der Fehleinstellungen. Durch die konsequente Besetzung von Schlüsselpositionen mit hochqualifizierten A-Spielern steigen Produktivität und Mitarbeiterzufriedenheit, was sich sehr deutlich auf die Unternehmensergebnisse auswirkt.

So erging es auch einen meiner Kunden, einem mittelständischen Unternehmen im produzierenden Gewerbe.

 Die Herausforderung bestand darin, die Erfolgsquote* bei der Einstellung neuer Führungskräfte zu verbessern. Vor der Implementierung eines neuen Recruiting Prozesses lag diese bei der Besetzung von Führungspositionen bei etwa 35%.

Nach der Umstellung änderte sich das Bild drastisch: Durch die Anwendung der genannten Prinzipien, einschließlich gründlicherer Interviews, detaillierter Karrieregeschichtsformulare, Persönlichkeitsprofile und aktiver Referenzchecks, konnte das Unternehmen seine Erfolgsquote bei der Rekrutierung von Führungskräften auf über 85% steigern.


*Erfolg wurde definiert als der Anteil der Führungskräfte, die sechs Monate nach der Einstellung noch im Unternehmen sind und eine positive Leistungsbeurteilung erhalten haben.

 

 

Der nächste Schritt: Wie du in deinem Unternehmen starten kannst

 

Die Transformation der Einstellungspraxis ist eine strategische Investition in das Humankapital deines Unternehmens. Der erste Schritt darin, ist ein klares Commitment des Management-Teams zu dieser Methode zu etablieren gefolgt von diesen 3 Maßnahmen:

 

1.      Schulung der Führungskräfte

Entscheidend ist die Ausbildung der Personalverantwortlichen und aller an Einstellungsprozessen beteiligten Führungskräfte.


2.      Anpassung der HR-Prozesse

Die bestehenden Rekrutierungs- und Einstellungsverfahren müssen überarbeitet und angepasst werden.


3.      Einrichtung eines Kontrollsystems

 Um den Prozesserfolg messen zu können, muss ein objektives System zur Bewertung der Performance von Neuanstellungen implementiert werden.

 

 

Hire slow, Fire fast


Die größte Herausforderung besteht darin, sich danach auch in der Praxis an den neuen Standard zu halten. Unter dem Leidensdruck einer fehlenden Ressource wird leicht der Versuchung nachzugeben die Einstellung vorzunehmen, obwohl der Kandidat oder die Kandidatin nicht der definierten Anforderung entspricht.

 

Auch mit dem besten Prozess werden Fehler vorkommen. Eine Trefferquote von 100% sehe ich als unrealistisch. Hier gilt es, die Situation nüchtern und objektiv zu beurteilen und rasch und konsequent zu korrigieren, wenn sich die Besetzung als Fehlgriff herausstellt.


Das Feedback der Teamkollegen des Neuzugangs sind hier oft eine wertvolle Informationsquelle. Ist dieses schon in der Einarbeitungsphase konsistent negativ, erfüllt sich die Hoffnung, dass es später besser wird, äußerst selten.

 

Literatur zum Thema:


[i] Don Edward Beck und Christopher C. Cowan, Spiral Dynamics: Leadership, Werte und Wandel, übers. von Carl Polónyi, 10. Auflage (Bielefeld: Kamphausen Media GmbH, 2021).

[ii] Ralph Köbler, Neue Wege im Recruiting: mehr Effektivität mit Gravesmodell und Metaprogrammen. Ein praxisorientiertes Handbuch, Reihe Coaching & Beratung Personalauswahl (Paderborn: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung, 2009).

[iii] Bradford D. Smart, Topgrading: the proven hiring and promoting method that turbocharges company performance, 3rd ed (New York: Portfolio/Penguin, 2012).

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